Heiner Lüscher
Er und die Modellfluggruppe Zofingen zeigten Präsenz im Ferienpass.
Ihre Kinder gingen als Schriftsteller und Opernsängerinnen in die Geschichte ein, doch auch über das Leben von Emilie Wedekind-Kammerer gibt es einiges zu erzählen: Ein Theaterstück, das ab Sonntag wieder auf Schloss Lenzburg gezeigt wird, erzählt aus der Vita der früheren Schlossherrin. Mehr dazu verrät Gabriela Gehrig, Leiterin des Freiwilligenprogramms von Museum Aargau.
Lenzburg Er gehörte zu den meistgespielten Dramatikern seiner Epoche und auch heute noch werden seine Stücke wie «Frühlings Erwachen» gelesen und aufgeführt: «Fast jeder kennt den Dichter Frank Wedekind», kommentiert Gabriela Gehrig, Leiterin des Freiwilligenprogramms von Museum Aargau. «Dass aber seine Mutter eine wahnsinnig interessante Persönlichkeit mit so einem abenteuerlichen Lebenslauf war, ist nicht landläufig bekannt.»
Das Theaterstück «Emilie Wedekind-Kammerer – Eine Frau setzt sich durch» ist ein Zweipersonenstück und wurde 2015 entwickelt. Die Recherchen wurden von Museumsfreiwilligen vorgenommen. Darauf basierend hat die Theaterpädagogin Antonia Riz dann die Szenen verfasst, in denen Emilie Wedekind-Kammerer auf ihr turbulentes Leben zurückblickt. Im April 2016 fand die Uraufführung auf Schloss Lenzburg statt. «Damals spielten die Museumsfreiwilligen Ruth Manhart und Ramona Patt unter der professionellen Regie von Antonia Riz. Es war ein voller Erfolg!», erinnert sich Gabriela Gehrig zurück.
«Auf die Initiative von Ruth Manhart haben wir das Theaterstück aber 2020 wieder ins Programm aufgenommen», so Gabriela Gehrig weiter. «Nun aber in neuer Besetzung und mit neuer Regie: Irene Kirchmeier spielte neu die Tochter von Emilie Wedekind, Emilie Richenza, genannt Matti. Nicole Davi hat die Regie übernommen.» Seither wird das kurze Stationentheater ungefähr einmal im Monat an ausgewählten Sonntagen auf Schloss Lenzburg für das Museumspublikum gezeigt; das nächste Mal übermorgen, 7. Mai. «Mittlerweile hat Ruth Manhart alias Emilie Wedekind-Kammerer bereits ihre ‹dritte Tochter›», merkt Gabriela Gehrig an. «Seit diesem Jahr spielt die Museumsfreiwillige Silvia Hediger die Rolle der Matti Wedekind.»
Emilie Wedekind-Kammerer wurde 1840 in Riesbach bei Zürich geboren. «Ihre ältere Schwester Sofie wurde als Sängerin in Mailand ausgebildet und kam später an die Wiener Hofoper», erläutert Gabriela Gehrig. «Von dort holte sie die damals 13-jährige Emilie zu sich nach Wien. Später wanderte die Schwester mit ihrem Mann nach Valparaiso in Chile aus, wohin ihr Emilie später folgte. Man stelle es sich vor: Als 16-Jährige trat sie allein die mehrwöchige Seereise nach Südamerika an…» Einige Zeit später verschlug es Emilie nach San Francisco, wo sie ihren Lebensunterhalt als Sängerin verdiente. «Dort lernte sie 1861 den deutschen Arzt Friedrich Wilhelm Wedekind kennen, den sie bald darauf ehelichte», fügt die Historikerin an.
Friedrich Wilhelm Wedekind war in Kalifornien mit Grundstücksspekulationen reich geworden. 1864 kehrten die Wedekinds nach Europa zurück. Aus Protest gegen das preussisch dominierte Deutschland liessen sie sich in der Schweiz nieder. «1872 erwarb Friedrich Wilhelm Wedekind Schloss Lenzburg – ohne Emilies Wissen», weiss Gabriela Gehrig. Die Wedekinds waren bis 1893 in Besitz von Schloss Lenzburg, wo Frank Wedekind und seine fünf Geschwister ihre Jugendjahre verbrachten. «Im Stück blickt Emilie Wedekind-Kammerer auf ihr umtriebiges Leben zurück, welches wohl Stoff für eine ganze Netflix-Serie böte!», sagt Gabriela Gehrig überzeugt. «Sie hat unglaublich viel erlebt und ist weit herumgekommen.»
Wieso sollte man sich nun das Theaterstück anschauen kommen? «Es ist ein kleines aber feines Theaterstück, welches an insgesamt drei Stationen auf Schloss Lenzburg einen Einblick in ein sehr bewegtes Leben gibt», antwortet die Historikerin. «Das Tolle: Der Eintritt zum Theaterstück ist im Museumseintritt inbegriffen – man darf also einfach an einem der Spielsonntage hinzustossen und kann so mit Emilie Wedekind auf Tuchfühlung gehen.»
Text Lars Gabriel Meier
Der nach Frank Wedekind benannte Wedekind-Preis ist ein Engagement des Aargauer Literaturhauses sowie der Alten Kantonsschule Aarau. Einen Text über Preisträgerin Lenya Schmid lesen Sie hier.
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